Zweieinhalb Jahre ist es nun her, dass Annalena Baerbock das Amt der deutschen Außenministerin übernommen hat. In dieser Zeit hat sich die Grüne als Politikerin erheblich weiterentwickelt – was zu sehr widersprüchlichen Reaktionen in der Bevölkerung geführt hat. Jetzt glaubt Baerbock, dass sie bereit ist für das Kanzleramt.
Von Hans-Dietrich Genscher, dem wohl berühmtesten deutschen Außenminister, heißt es, dass man nie sagen konnte, was er dachte. Sein Stil setzte den Maßstab für alle Außenminister seither: sehr unverbindlich, sehr diplomatisch. Als Annalena Baerbock deutsche Außenministerin wurde, wusste das Land nicht so recht, was es erwarten sollte.
Entschiedene Worte für Russland
Was Deutschland bekam, war jemand, der sein Herz auf der Zunge trägt: Unverblümt und manchmal ungeschliffen leitete Außenministerin Baerbock einen kompletten Stilbruch in der Politik ein.
Ihre Worte an ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine kann man nur als entschieden bezeichnen: “Sie müssen diesen Krieg jetzt beenden”, sagte sie. Und die Menschen stimmten ihr zu – schließlich wurde der unprovozierte Angriff Russlands auf die Ukraine von so vielen leidenschaftlich verurteilt.
Griechenland und die Türkei: Abkehr von der traditionellen Diplomatie
Ähnlich unbeugsam zeigte sich die Außenministerin jedoch, wenn es darum ging, eine Lösung für den Territorialstreit zwischen Griechenland und der Türkei zu finden. “Griechische Inseln sind griechisches Territorium, und niemand hat das Recht, das in Frage zu stellen”, sagte sie unverblümt und ließ keinen Zweifel an der deutschen Haltung in dieser Frage.
Für eine kurze Zeit wurde ihre Abkehr von der traditionellen Diplomatie von den Deutschen recht wohlwollend wahrgenommen: In Beliebtheitsumfragen schnitt die Außenministerin relativ gut ab: In einer ARD-DeutschlandTREND-Umfrage vom August 2022 erklärten sich 55 % der Bevölkerung sehr zufrieden mit ihrer Arbeit.
Baerbocks Beliebtheit nicht von Dauer
Knapp zweieinhalb Jahre später haben sich die Meinungen jedoch deutlich geändert. Baerbocks unverblümter Stil wird nicht mehr als charmant und effektiv empfunden: In einer Ende April durchgeführten Civey-Umfrage im Auftrag von Focus Online bewerteten nur 10 % der Teilnehmer die Arbeit der Außenministerin als “sehr positiv”, 12 % stimmten für “eher positiv”, aber die Mehrheit, 61 %, erklärte, dass sie ihre Arbeit als “sehr negativ” wahrnehmen.
Baerbocks Chancen auf das Kanzleramt
Was bedeutet das nun für ihre Chance, Kanzlerin zu werden? Leider nichts Gutes. In der gleichen Umfrage wurde die Frage gestellt: Wäre Annalena Baerbock eine geeignete Kanzlerkandidatin für die Grünen? 73 % der Teilnehmer antworteten mit “Nein, auf gar keinen Fall”. Es sieht so aus, als ob Frau Baerbock an ihrem Stil und ihrem Auftreten als Politikerin ernsthaft arbeiten muss, wenn sie eine Chance haben will, die Gunst der Bevölkerung zurückzugewinnen. Allerdings müsste es sich dabei um eine ganz erhebliche Veränderung handeln, um überhaupt noch etwas bewirken zu können.
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