Es gibt eine zunehmende Besorgnis darüber, ob Gewalttäter immer jünger und brutaler werden. In aktuellen Gerichtsverfahren stehen mehrere Minderjährige wegen schwerer Gewaltverbrechen vor Gericht, was die Frage aufwirft, ob Jugendliche tatsächlich gewalttätiger werden. Und am Ende natürlich: Woran diese erschreckende Entwicklung liegt.
Doch es gibt Entwarnung. Wenn man den Experten nämlich glaubt und genau zuhört, ist die Entwicklung gar nicht so dramatisch bzw. sogar rückläufig. In einem Interview erklärt der Jurist und Kriminologe Christian Walburg, dass nur sehr wenige Jugendliche so gewalttätig sind, dass es zu schweren Gewaltdelikten wie Totschlag oder Mord kommt. Langfristig betrachtet ist die Verbreitung von Jugendgewalt in vielen westlichen Gesellschaften, einschließlich Deutschland, rückläufig, obwohl es vereinzelt Schwankungen geben kann. Möglicherweise ist es die Presse, die diese schweren Fälle von Gewalt im Jugendalter großzügig publiziert und damit nachhaltig in den Köpfen der Menschen verankert.
Diejenigen, die schwer gewalttätig werden, weisen oft ungünstige Sozialisationsbedingungen auf, wie etwa Gewalt in der Familie oder ein Mangel an Zuwendung. Sie könnten auch lernen, sich durch Gewalt im Freundeskreis durchzusetzen, und es fehle oft zudem an einem Umfeld, das dem entgegenwirken könne.
Dirk Baier, Professor für Delinquenz und Kriminalprävention in Zürich, betont, dass die meisten Jugendlichen nicht mit Gewalt polizeilich in Erscheinung treten. Jedoch könnten sie über soziale Medien problematische Vorbilder kennenlernen, was zu einer Veränderung ihrer Einstellungen zur abnormalen Gewaltakzeptanz führen könne.
Es bleibt eine gesellschaftliche Daueraufgabe, Normen zu vermitteln, die Gewalt als inakzeptabel betrachten. Dazu gehört eine frühzeitige und lebensbereichsübergreifende Prävention durch Unterstützung von Familien in Krisensituationen, Förderung elterlicher Erziehungskompetenz, schulische Gewaltprävention und Programme zur Förderung von Empathie und Konfliktlösung. Leider ist dafür in den meisten Schulen keine Zeit und kein Personal vorhanden.
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