Für die meisten Deutschen ist Finnland ein ruhiges, freundliches Land, berühmt für seine Saunen und seine Nähe zum Polarkreis. Nur wenige hier wissen oder ahnen, dass sich Finnland schon seit Monaten in einem Konflikt mit Russland befindet. Dieser Konflikt wird nicht mit Waffen ausgetragen, sondern auf heimtückische Art und Weise, die Tausende von Menschenleben in Mitleidenschaft zieht.
Wenn Hunderte von Flüchtlingen plötzlich mitten im Winter an einem abgelegenen Grenzposten weit oben am Polarkreis auftauchen, dann stimmt etwas nicht. Das war die Situation, mit der sich die Grenzbeamten am Grenzübergang Raja-Jooseppi zwischen Finnland und Russland konfrontiert sahen.
Die Flüchtlinge, die aus Ländern wie Somalia, Syrien, Jemen und Irak stammen, hatten Russland durchquert, um nach Finnland zu gelangen – viele von ihnen kamen mit Fahrrädern, und alle waren schlecht ausgerüstet, um bei arktischen Temperaturen zu überleben. Finnische Beamte vermuten stark, dass sie in Russland Hilfe bekommen haben – “ein von Moskau inszenierter Schachzug als Vergeltung für die Entscheidung des nordischen Landes, die Verteidigungszusammenarbeit mit den USA zu verstärken”, wie die britische Zeitung The Guardian berichtet.
Finnland erklärte, dass es mit diesem Zustrom von Asylbewerbern nicht fertig werden könne. Daraufhin beschloss das Land Ende November letzten Jahres, alle acht Grenzübergänge entlang seiner nördlichen Landgrenze zu schließen. Mitte Dezember wurden zwei Grenzübergänge kurzzeitig wieder geöffnet, aber schon nach wenigen Stunden wieder geschlossen, nachdem rund 36 Einwanderer sofort versucht hatten, Russland zu verlassen und in Finnland Asyl zu suchen. Seitdem ist die Grenze zu Russland geschlossen geblieben.
Dies hat bei den Vereinten Nationen und Flüchtlingsorganisationen einen großen Aufschrei ausgelöst: Wie der finnische Ombudsmann für Antidiskriminierung betont, ist dies ein Schritt, der das Grundrecht auf Asyl ernsthaft gefährden könnte. Asylbewerber daran zu hindern, Asyl zu beantragen, verstößt gegen internationales Recht – aus diesem Grund beobachtet auch das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) die Situation genau.
Experten weisen darauf hin, dass die finnische Haltung zur Einwanderung in den letzten Monaten insgesamt schärfer geworden ist. Und das ist nicht nur das Werk Russlands. Im Juni letzten Jahres kam es zu einem Regierungswechsel mit erheblichen Folgen: Während die frühere Ministerpräsidentin Sanna Marin für ihren linksliberalen Kurs bekannt war, gehört der neuen Regierungskoalition die rechtsextreme Partei “Die Finnen” an, zu deren Kernzielen die Eindämmung der Einwanderung gehört und die nun das finnische Innenministerium leitet. Die Vorsitzende der Finnen-Partei, Riikka Purra, hat bereits von einem “Paradigmenwechsel” bei der Einwanderung gesprochen: “Finnland war das einzige nordische Land mit einer lockeren Einwanderungspolitik. Das ändert sich jetzt.”
Foto: Finnland (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
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