Berlin plant Zwangsticket für ÖPNV

In Berlin prüft die Rot-Rot-Grüne Regierung alternative Modelle als weitere Finanzierungsquelle für den Berliner ÖPNV. Eine entsprechende Machbarkeitsstudie ist nun von der Senatsverwaltung für Verkehr in Auftrag gegeben worden. Wie die drei Fraktionen der rot-rot-grünen Regierungskoalition mitteilten, sollen die Ergebnisse in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. Mit dem Mobilitätsgesetz hat sich Rot-Rot-Grün dazu verpflichtet, den öffentlichen Nahverkehr in der Hauptstadt weiter auszubauen.

Dabei soll die Studie drei verschiedene Modelle einer Finanzierung des ÖPNV untersuchen. Dazu gehört unter anderem ein allgemeiner ÖPNV-Beitrag, der von allen Berlinerinnen und Berlinern gezahlt werden soll, einer, der nur von den Grundstückseigentümern sowie Gewerbebetriebe und Übernachtungsbetriebe zu zahlen sei bzw. ein Modell, das über eine City-Maut für die Nutzung der Innenstadt finanziert werden soll. Am Tag sollen so fünf bis acht Euro eingenommen werden, was nach Berechnungen Einnahmen in Höhe von 449 und 660 Millionen Euro bedeuten würde. Die Ergebnisse der Studie werden von Rot-Rot-Grün ausgewertet. Der ÖPNV wird in Berlin derzeit über den Fahrkartenverkauf sowie Steuern finanziert.

„Infrastruktur entscheidet über Zukunftsfähigkeit“


Tino Schopf von der SPD-Fraktion forderte daher: „Neue Einnahmen müssen zweckgebunden in den Erhalt und Ausbau einer modernen und leistungsfähigen Infrastruktur fließen. Eine gute Infrastruktur entscheidet über die Zukunftsfähigkeit einer Stadt.“ Und Kristian Ronneburg (Linke) ergänzte: „Mit einer neuen Finanzierungssäule können Mittel für den Ausbau des ÖPNV bereitgestellt und weitere Schritte in Richtung einer Öffi-Flat gegangen werden.“

„Die bisherige Finanzierung stößt hier an ihre Grenzen“, erklärt Harald Moritz von den Grünen. Um den Menschen eine Alternative zum eigenen Auto aufzuzeigen, ist ein attraktiver ÖPNV unerlässlich.

Kritik kommt von der Industrie- und Handelskammer Berlin. Der Geschäftsführer monierte das Vorhaben in Teilen. Es sei unerklärlich, „die ÖPNV-Finanzierung auf alle Berliner Bürger und Betriebe sowie das Übernachtungsgewerbe und dessen Gäste umzulegen. Solche Finanzierungsmodelle belasten ausgerechnet in der schärfsten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren diejenigen, die zukünftiges Wachstum erwirtschaften sollen“.

Und auch der Landeschef der CDU, Kai Wegner, legt nach: „Mit dieser Zwangsabgabe greift man vielen Menschen ins Portemonnaie, aber man gewinnt keinen, – gerade in den Randbezirken -, der wirklich umsteigt, weil das Angebot nicht da ist.“ Gerade im Umland und den Randbezirken seien Berlinerinnen und Berliner zunächst einmal darauf angewiesen, mit dem Bus zu einer U- oder S-Bahn-Station zu fahren, um überhaupt den Nahverkehr nutzen zu können.

Berliner wollen in der Corona-Krise einer Umfrage zufolge häufiger in Bus und Bahn steigen (40 Prozent) als mit dem Auto unterwegs zu sein (34 Prozent). Bundesweit geht der Trend jedoch in die entgegengesetzte Richtung.

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Martin Beier