Einst war sie ausgestorben: Tödliche Krankheit zurück in Deutschland

Eigentlich ist die Krankheit seit vielen Jahrzehnten ausgestorben in Europa. Grund sind groß angelegte Impfkampagnen in den meisten Ländern der Welt. Doch jetzt ist das Schrecken zurück und kostet sinnlos Leben. In insgesamt vier europäischen Ländern wurden jetzt erneut Fälle der Kinderkrankheit Polio entdeckt.

Laut einem Bericht der Europäischen Gesundheitsbehörde (ECDC) wurden zwischen September und Dezember 2024 Polio-Viren in Abwasserproben in insgesamt vier EU-Ländern entdeckt: Deutschland, Spanien, Polen und Finnland. Auch Großbritannien ist betroffen. Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass in Deutschland Abwasserproben aus gleich sieben Städten – München, Bonn, Köln, Hamburg, Dresden, Düsseldorf und Mainz – Spuren der Viren aufwiesen.

In den anderen Ländern scheint die Lage derzeit punktuell begrenzt zu sein. Während in Finnland und Spanien nur jeweils eine Messstelle betroffen war, zeigten in Polen zwei von acht Proben und in Großbritannien vier von zwölf Proben eine Belastung mit Polio-Viren. Doch die Forscher warnen: Die genetische Verbindung der gefundenen Erreger deute darauf hin, dass die geografische Ausbreitung der Viren weit über die bekannten Fundstellen hinausgehen könnte.

Die nachgewiesenen Polio-Viren sind nicht die ursprünglich wild zirkulierenden Erreger, sondern leiten sich vom Schluckimpfstoff ab. Dieser enthält abgeschwächte, aber lebende Viren, die in seltenen Fällen mutieren und infektiös werden können. In Europa und Großbritannien wird dieser Schluckimpfstoff schon lange nicht mehr verwendet, was darauf hindeutet, dass die Viren aus Ländern eingeschleppt wurden – vor allem in Teilen Afrikas und Asiens.
Besonders besorgniserregend ist der Blick auf die Impfraten in Deutschland. Seit 1998 wird hier ausschließlich der inaktivierte Polio-Impfstoff verwendet, der keine lebenden Viren enthält und somit sicher vor Mutationen ist. Dennoch sind lediglich 21 Prozent der einjährigen Kinder in Deutschland vollständig gegen Polio geimpft – eine alarmierend niedrige Quote. Selbst im Alter von zwei Jahren sind nur 77 Prozent der Kinder grundimmunisiert.

Die Versäumnisse bei den Impfungen könnten fatale Folgen haben, denn nicht oder unzureichend geimpfte Menschen können sich mit den abgeschwächten, aber mutierten Impfviren infizieren. In seltenen Fällen kann dies zu einem Ausbruch der Kinderlähmung führen, der schwere gesundheitliche Schäden verursacht und auch zum Tod führen kann.