Extrem resistente Bakterien verbreiten sich in Europa – Todesfälle haben sich versechsfacht

Manche der Erreger sind sowohl multiresistent als auch extrem resistent. Auch Reserveantibiotika kann ihnen nichts anhaben. Derzeit breiten sich solche Bakterien rasend schnell in Europa aus. Aber Forscher zeigen auch mögliche Maßnahmen zum Schutz auf.

Derzeit verbreitet sich ein extrem resistenter Krankheitserreger über Krankenhäuser, aber auch über Landesgrenzen hinweg, in Europa aus. Dabei handelt es sich um Bakterien der Art Klebsiella pneumoniae. Diese sind gegen Carbapenem-Antibiotika immun und durch ihre resistenten Keime eine der am schnellsten wachsenden Bedrohungen in Europa. Die Zahl der Todesfälle durch diese Erreger, die unter anderem Lungenentzündungen auslösen, stieg im Zeitraum von 2007 bis 2015 um etwa das Sechsfache an – von 340 auf knapp 2100. Wie sich diese Erreger ausbreiten, darüber hat ein Team um David Aanensen vom Wellcome Trust Sanger Institute und Hajo Grundmann von der Uniklinik Freiburg nun berichtet.

Experimentelle Antibiotika sind oft mit Nebenwirkungen verbunden

Für den Fall, dass die herkömmlichen Antibiotika versagen, werden immer Reserveantibiotika vom Typ Carbapeneme zurückgehalten. Aber auch diese Präparate helfen immer häufiger nicht mehr. Daher sprechen die Mediziner von extrem resistenten Bakterien. “Wir können dann noch auf experimentelle oder teilweise sehr alte Antibiotika ausweichen, die aber mit vielen Nebenwirkungen verbunden sind”, sagt Grundmann, der Leiter des Freiburger Instituts für Infektionsprävention und Krankenhaushygiene. Das solche Erreger extrem gefährlich sind, bewies ein Ausbruch von pneumoniae an der Uniklinik Leipzig. Vor einigen Jahren hatten sich mehr als 100 Menschen damit infiziert. Viele von ihnen starben an der Erkrankung.

Analysiert wurden nun von den Forschern die Genome von mehr als 1700 extrem resistenten K. pneumoniae-Isolaten aus 244 Krankenhäusern in 32 Ländern, auch in Deutschland. Es ergab sich, dass die allermeisten Resistenzen auf nur vier Erregerlinien zurückgehen. Die enthaltenen Gene sorgen durch die Produktion von bestimmten Enzymen für eine Unwirksamkeit von Antibiotika. Auch zeigen die Daten, dass sich die Erreger vor allem in Krankenhäusern ausbreiten. Besonders hier werden sehr viele Antibiotika verabreicht. “Je resistenter die Erreger sind, desto besser verbreiten sie sich in Krankenhäusern”, sagt Grundmann. “Das ist sehr beunruhigend.” Die Erreger treten besonders häufig in Südeuropa auf, da hier häufig Reserveantibiotika verordnet werden. “Die genetischen Unterschiede zwischen extrem resistenten Isolaten nahmen zu, je größer die Entfernung zwischen den Krankenhäusern war”, sagt Grundmann. “Unsere Beobachtungen sprechen dafür, dass sich extrem resistente Bakterien vor allem innerhalb einzelner Krankenhäuser sowie bei der Verlegung von Patienten zwischen geografisch naheliegenden Krankenhäusern verbreiten.”

“Erreger bekommt man nicht in der Straßenbahn oder im Baggersee”

Eine gute Nachricht enthält die Studie aber auch: “Diese Erreger bekommt man nicht in der Straßenbahn, durch Essen von Fleisch, Baden im Baggersee oder an der Ägäisküste”, betont Grundmann. Es sei aber Vorsicht geboten, wenn kürzlich Menschen im Krankenhaus behandelt worden sind. “Es ist extrem wichtig, Patienten bei der Aufnahme nach früheren Krankenhausaufenthalten im In- und Ausland zu fragen”, so Grundmann. Patienten sollten in einem solchen Fall ganz gezielt auf Resistenzen untersucht werden.

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Jerry Heiniken