Gericht kippt alle Beschränkungen im Einzelhandel

Das Land Nordrhein-Westfalen überschreitet nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts mit den Einschränkungen im Einzelhandel auf Grund der Corona-Pandemie seinen Gestaltungsspielraum. Das entschied das Gericht in Münster und setzte gleichzeitig alle Kundenbeschränkungen und die erforderlichen Terminbuchungen außer Kraft.

Die vielen Beschränkungen im Einzelhandel, die im Zuge der Corona-Pandemie in Nordrhein-Westfalen erlassen worden sind, hat das Oberverwaltungsgericht des Bundeslandes außer Kraft gesetzt. Wie ein Sprecher des Gerichts in Münster mitteilte, gelten somit mit sofortiger Wirkung im gesamten Einzelhandel des bevölkerungsreichsten Bundeslandes keine Beschränkungen mehr in Bezug auf die Anzahl der Kunden pro Quadratmeter. Auch das Erfordernis einer Terminbuchung ist mit dieser Entscheidung hinfällig, so der Sprecher weiter. In ihrer derzeitigen Ausgestaltung verstießen die Beschränkungen gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, so das Gericht in der Erläuterung.

Wie das Gericht weiter betonte, besteht bei der Pandemiebekämpfung zwar ein gewisser Gestaltungsspielraum des zuständigen Verordnungsgebers. Und auch sei es zulässig, diese nur schrittweise zu lockern. Daher habe es das Land bislang bei der grundsätzlichen Regelung belassen dürfen, für Geschäfte wie den Lebensmitteleinzelhandel keine Beschränkungen zu erlassen, wohingegen andere Unternehmen nur mit einer reduzierten Kundenzahl zugelassen werde.

Allerdings werde dieser Spielraum durch das Land dann überschritten, wenn es keinen einleuchtenden Grund für eine weitere Differenzierung gebe. Dies tritt in dem Falle ein, wen nun auch Buchhandlungen, Schreibwarenläden und Gartenmärkte unter vereinfachten Bedingungen ihr gesamtes Sortiment wieder anbieten dürfen, also ohne die Verpflichtung einer Terminbuchung. Gleiches gelte aber im Moment nicht für Modegeschäfte oder Elektronikketten.

Geklagt gegen diesen Zustand hatte eine Filiale der Elektronikkette Media Markt in Münster. Allerdings ist in der Entscheidung durch den Senat des Verwaltungsgerichts auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es nun dem Land Nordrhein-Westfalen freistehe, kurzfristig für eine neue Regelung zu sorgen, die keine weiteren Differenzierungen zulässt. Allerdings teilte der Senat nicht die von Media Markt geltend gemachten grundlegenden Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der bestehenden Beschränkungen für den Einzelhandel. Aus diesem Grunde sei es voraussichtlich gerechtfertigt, dass insbesondere die Beschränkungen der Grundrechte der Einzelhändler im Angesicht der zu erwartenden gravierenden Folgen eines neuerlichen unkontrollierten Anstiegs der Neuansteckungen für das Leben und die Gesundheit vieler Menschen zu vertreten wären.

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Martin Beier