Am Donnerstag wurde bekannt, dass ein 22-jähriger Infizierter während er auf ein Krankenhausbett wartete, verstarb. Er ist vermutlich einer von Vielen. Heute erklärt das nationale Forschungsinstitut die Lage zum „größten Gesundheits- und Krankenhauskollaps der Geschichte“. Brasiliens Gesundheitssystem bricht unter der dritten Welle zusammen. Die Lage ist nicht mit den bisherigen Epizentren der Pandemie vergleichbar.
Brasilien registriert aktuell fast 3000 Corona-Tote täglich und rund 90.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das bevölkerungsreichste Land Südamerikas befindet sich damit auf seinem bisherigen Höhepunkt der Pandemie. Das Forschungsinstitut “Fundação Oswaldo Cruz” (Fiocruz) bezeichnet die Situation als „größten Gesundheits- und Krankenhauskollaps der Geschichte“. In 24 von 26 Bundesstaaten seien die Intensivbetten zu mindestens 80 Prozent ausgelastet. In 19 Bundesstaaten sind die Kapazitäten mit mehr als 90 Prozent Auslastung praktisch erschöpft.
In der Wirtschaftsmetropole São Paulo soll die Lage besonders extrem sein. Dort starb vergangene Woche ein 22-jähriger Infizierter, während er auf eine Behandlung wartete. Nachdem der Fall Schlagzeilen machte, bestätigte São Paulos Bürgermeister Bruno Covas: „Leider hatten wir im Osten der Stadt erstmals den Fall, dass eine Person gestorben ist, ohne dass sie hätte versorgt werden können“. Der Bundesstaat kündigte die Errichtung von neuen, mobilen Krankenhäusern an. Ein Lockdown ist jedoch politisch nicht erwünscht.
Das Land mit mehr als 200 Millionen Einwohnern durchläuft die Pandemie mit wenig Gegenmaßnahmen. Zwar findet eine nationale Impfkampagne statt, einen landesweiten Lockdown oder Ausgangssperren lehnt der populistische Präsident Jair Bolsonaro allerdings ab. Einige Bundesstaaten schränkten die Versammlungsfreiheit ein und schlossen Geschäfte. Doch Bolsonaro will dagegen vorgehen. Die Regierung wandte sich an den Obersten Gerichtshof mit dem Einwand, dass die Gouvaneure keine Kompetenz hätten, Grundrechte und wirtschaftliche Aktivitäten einzuschränken. Als Infektionsschutz setzt der Präsident auf Appelle an die Bevölkerung, sich die Hände zu waschen und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.
In Brasilien entstand die Mutation P.1. Besonders in der Millionenstadt Manaus wütet die Virusvariante, die als hochansteckend gilt. An ihr erkranken auch Menschen, die bereits eine Erstinfektion mit Sars-CoV-2 überstanden haben. Neuere Studien legen außerdem nahe, dass die brasilianische Variante, genauso wie die Mutation B.1.351 aus Südafrika, den Antikörpern nach einer Impfung entkommen.
Wissenschaftler befürchten, dass die bisherigen Impfungen gegen die Mutation P.1 wirkungslos sein könnte und dass aufgrund der hohen Infektionszahlen in Brasilien sehr schnell weitere Mutanten entstehen. Forscher warnen, dass bei einem derart ungehinderten Infektionsgeschehen quasi impfresistente Mutanten gezüchtet würden.
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