Andrea Nahles zieht Schlusstrich

Die historisch schlechten Wahlergebnisse der SPD fielen auf Parteichefin Andrea Nahles zurück. Diese kündigte nun ihren Rücktritt als SPD- und Fraktionschefin an.

Am Sonntag kündigte SPD-Chefin Andrea Nahles in einer Mitteilung an die Parteimitglieder ihren Rücktritt als SPD- und Fraktionschefin an. Demnach will sie bereits am Montag den Parteivorsitz abgeben, am Dienstag den der Fraktion. Nahles zieht damit Konsequenzen aus dem desaströsen Stimmverlust der SPD bei der vergangenen Europawahl und der massiven Kritik, die ihr gegenüber laut geworden war.

Die SPD ist auf einem historischen Tiefpunkt angelangt. Sowohl bei der Europawahl als auch bei Meinungsumfragen überholten die Grünen die SPD. Die Sozialdemokraten fallen indessen seit Jahren immer weiter ab. Andrea Nahles, die erst im April 2018 zur Parteichefin wurde, konnte das Ruder nicht herumreißen und tritt nun nach rund einem Jahr wieder zurück.

Direkt nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse hatte Nahles eine Neuwahl des SPD-Vorsitzes angestrebt. Bei einer Sonderfraktionssitzung am Mittwoch stellte sich heraus, dass „der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist”, so Nahles in ihrer Rücktrittserklärung.

Nahles war nach den Bundestagswahlen 2017 zur Fraktionschefin geworden und hatte die Partei mit damals schon erschütternd schlechten Wahlergebnissen in die Große Koalition begleitet. Darauf bezugnehmend erläuterte Nahles in ihrer Rücktrittserklärung, dass die SPD damit beschlossen habe, „als Teil der Bundesregierung Verantwortung für unser Land zu tragen” und gleichzeitig daran arbeite, „die Partei wieder aufzurichten und die Bürgerinnen und Bürger mit neuen Inhalten zu überzeugen.” Um sich dieser großen Herausforderung zu stellen, sei „volle gegenseitige Unterstützung gefragt.” In den letzten Wochen seien wiederholt öffentlich Zweifel laut geworden, ob Nahles die Unterstützung ihrer Partei noch habe, erklärt die scheidende Parteivorsitzende und weiter: “Deshalb wollte ich Klarheit. Diese Klarheit habe ich in dieser Woche bekommen.”

„Partei der Solidarität“
Nahles‘ Stellvertreter hatten ihre Parteivorsitzende zuvor noch in einer öffentlichen Stellungnahme in Schutz genommen. “Wir sind die Partei der Solidarität” stand in dem gemeinsamen Brief von Vizekanzler Olaf Scholz und fünf weiteren Spitzenpolitikern der Länder. “Die massive öffentliche Kritik an Andrea Nahles ist unfair” schreiben die SPD-Größen Scholz, Malu Dreyer, Manuela Schwesig, Natascha Kohnen, Thorsten Schäfer-Gümbel und Ralf Stegner. Sie fordern „offen und kritisch, aber respektvoll“ darüber zu sprechen, was die SPD ändern müsse, „um einen Weg aus der Krise zu finden.”

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Stephan Heiermann