Putsch gegen Erdogan: Die Stimmung in der Türkei kocht

Das Ende der jahrelangen Amtszeit des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist besiegelt, wenn es nach einer Gruppe Leutnant-Kadetten im Militär geht – die frisch ausgebildeten Soldaten haben aktuell ihren Machthaber brüskiert.

Bei der Abschlussfeier der renommierten Militärakademie „Kara Harp Okulu“ sorgten die jungen Männer für einen Skandal, als sie die Schwerter in die Luft reckten und laut und deutlich im Sprechchor mehrfach „Wir sind die Soldaten von Mustafa Kemal (Atatürk)“ riefen.

Das ist deswegen brisant, weil sie eigentlich Erdogan als Präsident und Oberbefehlshaber ehren sollten. Stattdessen richteten sie ihren Schwur an den seit 86 Jahren verstorbenen Staatsgründer Atatürk.

Die empörte Reaktion von Staatschef Erdogan ließ naturgemäß nicht lange auf sich waren. „Ausbeuter“, konterte er den Abtrünnigen wütend. „Für wen zieht ihr die Klingen?“. Er werde sich darum kümmern, die Beteiligten rasch „heraus zu säubern“. Für die Soldaten sei es unmöglich, in der Armee zu „existieren“, sagte er bei einem Treffen der Imam-Hatip-Schulen.

Atatürk wird auch in der heutigen Zeit und besonders in der türkischen Armee verehrt. Der Gründer der modernen Türkei gab einst dem Militär die übergeordnete Rolle als „Hüter“ und galt vor seiner politischen Karriere als legendärer Feldherr, der erfolgreich für die türkische Unabhängigkeit in die Schlacht zog.

Der Eklat ist ein weiteres Zeichen für einen Kulturkampf in der Türkei, der sich immer weiter zuspitzt. Die Trennung zwischen Religion und Staat wurde im Jahr 1937 von Atatürk als unverrückbares Staatsprinzip festgelegt. Erdogan herrscht konträr dazu: Er gilt als Vertreter des politischen Islam und wünscht sich offen eine größere Einflussnahme der Religion auf staatliche Angelegenheiten.

Bereits 2016 kam es zu einem gescheiterten Putschversuch, nach dem Erdogan Tausende Militär-Führungskräfte aus der Armee “säuberte“. Teile des türkischen Militärs wollten den Präsidenten stürzen. Dafür war eine Sondereinheit an Putschsoldaten nach Marmaris geflogen, um dort den im Urlaub befindlichen Präsidenten Erdoğan zu töten oder festzunehmen. Doch dieser entkam dem Anschlag.

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Martin Beier