Nach über 20 Jahren an der Macht, erst als Ministerpräsident und schließlich als Präsident seines Landes, hat Recep Tayyip Erdoğan jetzt angekündigt, dass er sich aus dem politischen Leben zurückziehen will. Die Entscheidung gab er bekannt auf einem Treffen von Anhängern seiner AKP-Partei am Ende letzter Woche, in dem die kommenden türkischen Kommunalwahlen im März besprochen wurden.
In der Rede an die Parteifreunde teilte der umstrittene türkische Präsident mit, dass die augenblickliche Kampagnenführung die Letzte sei, an der er teilnehmen würde. “Ich setze meine Bemühungen ohne Unterbrechung fort. Denn dies ist ein Finale für mich”, sagte er. “Dies ist meine letzte Wahl, mit den mir vom Gesetz verliehenen Befugnissen, aber ihr Ergebnis wird die Übergabe an meine Brüder markieren, die nach mir kommen werden.”
Damit bekräftigte er, dass er am Ende seiner Amtszeit im Jahr 2028 nicht mehr für die AKP kandidieren wird. Erdoğan hat kürzlich seinen 70. Geburtstag gefeiert und kann auf eine turbulente Karriere als Politiker zurückblicken, für die er auch zeitweise im Gefängnis saß. Nach seinem Aufstieg zur Macht im Jahre 2003 wurde er zunächst international als liberaler Held gefeiert, aber das Bild wurde schnell getrübt durch eklatante Einschränkungen der Pressefreiheit, unverfrorene Eingriffe in die Rechtssicherheit und die zunehmende Begrenzung von demokratischen Rechten in der Türkei.
In den letzten türkischen Kommunalwahlen vor fünf Jahren verlor Erdogans AKP bereits mehrere wichtige Großstädte, darunter Istanbul. Auch im Augenblick steht sein Stern nicht besonders hoch, nachdem sich die türkische Bevölkerung dank Erdoğans hoffnungsloser Finanzpolitik mit einer Inflation von beinahe 70 % tagtäglich über Wasser halten muss. Ein Putschversuch des Militärs im Jahre 2016 war zum Teil gescheitert, weil die Bevölkerung sich hinter ihn stellte. Bei einem nächsten Mal wird er vielleicht nicht so viel Glück haben.
Mit der Bekanntgabe haben auch die Spekulationen begonnen, wer sein Nachfolger wird. Erdoğan, wie die meisten autoritären Herrscher, zieht es vor, seine politischen Machenschaften innerhalb der Familie zu betreiben. Im Jahre 2018 ernannte er bereits seinen Schwiegersohn Berat Albayrak zum Finanzminister. Dieser musste allerdings nach zwei Jahren wegen sowohl mangelnder Kompetenz als auch großer Unbeliebtheit wieder zurücktreten. Jetzt kommt ein anderer Schwiegersohn, Selcuk Bayraktar, ins Spiel. Bayraktar betreibt eines der größten Rüstungsunternehmen in der Türkei und hat bereits angedeutet, dass er nur auf den Ruf des mächtigen Schwiegervaters wartet, um in dessen Fußstapfen zu treten.
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