In Deutschlands mächtigem Nachbar Frankreich spitzt sich die Lage immer weiter zu, nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron das Parlament aufgelöst und zu Neuwahlen aufgefordert hat. Zu allem Übel sind dieses Jahr Frankreich und die Hauptstadt Paris an der Reihe, die Olympischen Spiele zu beherbergen. Während die französische Polizei sich in diesem Zusammenhang bisher auf Sicherheitsmaßnahmen gegen islamistische Terroristen konzentriert hat, kommt jetzt die Gefahr von Massenausschreitung der französischen Bevölkerung aufgrund des möglichen Wahlausgangs mit dazu.
Jetzt warnt selbst Macron vor möglichen bürgerkriegsartigen Zuständen, verschweigt aber dabei, dass er im Grunde für die aufgebrachte Stimmung jedenfalls zum Teil verantwortlich ist, indem er die Neuwahlen kurz vor den Auftakt der Spiele gelegt hat. Macron ist die Präsidentschaft des Landes bis zum Jahre 2027 gesichert, aber die Wahlen werden dafür sorgen, dass das französische Parlament, l’Assemblée nationale, vollständig neu aufgestellt wird.
Um die 577 Abgeordnetenplätze streiten sich drei Fronten. Von der extremen rechten Seite kommt die populistische RN (Rassemblement National) Partei, die im Jahre 1972 von dem rechtsradikalen und für seine Ausländerfeindlichkeit berühmten Jean-Marie Le Pen gegründet wurde. Seit 2011 war die Partei unter dem Vorsitz seiner Tochter, die aber in diesem Jahr die Leitung an den nur 28-jährigen Jordan Bardella abgegeben hat.
Die Partei ist für ihr EU-feindliches und gleichermaßen Russland-freundliches Programm bekannt. Bardella hat bereits große Veränderungen angekündigt im Zusammenhang mit Frankreichs Unterstützung für die Ukraine und die EU-Mitgliedschaft des Landes, sollte er der nächste Regierungschef werden. Bardella’s RN-Partei leitet im Augenblick die Prognosen mit 35 % der Wählerstimmen.
Auch die extreme Linke, die aus einem Zusammenschluss der französischen Sozialisten, Kommunisten und Grünen besteht, macht sich nicht schlecht in den Umfragen. Die Koalition erreicht immerhin knapp über 30 % der eingeschätzten Anzahl Stimmzettel, zum Teil, weil die linke Seite von den in Frankreich allmächtigen Gewerkschaften unterstützt wird. Der bestbekannte Vertreter der extremen Linken in Frankreich ist der Provokateur Jean-Luc Mélenchon, der im Gegensatz zu Bardella’s RN-Partei Klimaschutz oberst auf dem Programm stehen hat, aber auch eine ziemlich EU-feindliche Position bezieht.
Macrons eigene, zentristisch gemäßigte Partei “Renaissance” erzielt zufolge der neuesten Umfragen nur 20 % der Wählerstimmen und steht zufolge politischer Kommentatoren weit abseits im augenblicklichen Wahlkampf.
Mit zwei leitenden Parteien, die beide weit unterschiedliche, zum Teil extreme Ansichtspunkte vertreten, wird befürchtet, dass die Anhänger und Wähler der einen extremen Seite das Wahlergebnis nicht anerkennen, sollte die andere Seite gewinnen. Frankreich ist bekannt für großangelegte Demonstrationen und erst im letzten Sommer haben sich Jugendliche im ganzen Land Straßenschlachten mit der Polizei geliefert, die zu Sachschäden in den Milliarden geführt hatte.
Die Wahlen in Frankreich werden an den kommenden zwei Sonntagen abgehalten. Damit werden die endlichen Ergebnisse in der zweiten Woche im Juli bekannt gegeben. Die Olympischen Spiele wiederum werden am 26. Juli in Paris eröffnet und es wird sich zeigen, wie friedlich das Ereignis sich in Anbetracht der politischen Unruhe in Frankreich ausspielen lässt.
We use Cookies.