Die präzisere Berechnung der sogenannten Dunkelziffer war eines der zentralen Ergebnisse, die aus der Heinsberg-Studie im deutschen Corona-Epizentrum hervorkam. Doch nun kommt ein weiterer Bericht zu dem Ergebnis, dass die Zahl von bislang rund 1,8 Millionen Infizierten nicht weiter haltbar ist. Auch ein Wissenschaftler, der an der Studie beteiligt war, hat inzwischen einen Rechenfehler eingeräumt.
Einen entscheidenden Fehler gibt es in der sogenannten Heinsberg-Studie, in der mittels einer Hochrechnung zur Dunkelziffer der Infizierten mit dem Coronavirus und der damit verbundenen Ausbreitung auf ganz Deutschland berichtet wurde. Unter Berufung auf mehrere Wissenschaftler stellte nun der SWR heraus, dass die von den Forschern an der Bonner Universität errechnete Zahl von 1,8 Millionen Infizierten in der gesamten Bundesrepublik nicht weiter haltbar ist. Deutlich ungenauer als bislang propagiert sei die tatsächliche Berechnung. Die Zahl könnte demnach niedriger, aber auch mehr als doppelt so hoch sein.
In dem von dem Virus besonders stark betroffenen Ort Gangelt in Nordrhein-Westfalen hatten Wissenschaftler um den Virologen und Studienleiter Hendrik Streeck eine groß angelegte Studie durchgeführt. In der Veröffentlichung der Untersuchung betonten sie, dass sie mit den vorliegenden Daten eine konkrete Zahl an tatsächlich Infizierten schätzen und dadurch die Sterblichkeitsrate bei Covid-19 ziemlich präzise beziffern können.
Die Wissenschaftler, die vom SWR nun befragt worden waren, betonten aber, dass dabei jedoch zwei entscheidende Unsicherheitsfaktoren berücksichtigt werden müssten. Und das sind die Zahl der Infizierten und die der Verstorbenen. Aus dieser Kombination an Unsicherheitsfaktoren ergebe sich dann die Situation, dass man tatsächlich nur eine Spannbreite möglicher Ergebnisse bestimmen könne, aber kein konkretes Ergebnis. In der Heinsberg-Studie wurde dieses Intervall aber zu eng gesetzt. Laut den Wissenschaftlern liegt somit die tatsächliche Dunkelziffer um das 11- bis 20-fache höher als bisher angenommen. Daraus ergibt sich eine Zahl von einer Million Infizierten, womöglich aber auch bis zu fünf Millionen.
Somit sind erneut Zweifel an der ohnehin schon kräftig kritisierten Heinsberg-Studie aufgekommen. Gegenüber dem SWR sprach der Tübinger Statistik-Professor Philipp Berens von einem kritischen Fehler und betrachtet dies als ein schweres Versäumnis. Und auch der Statistiker Matthias Schmid, selbst an der Studie beteiligt, räumte gegenüber dem Sender ein, dass ein notwendiger Rechenschritt bei der Hochrechnung auf Deutschland fehle. Denn wenn man ein breiteres Intervall zugrunde legt, dann ergibt sich aus den Ergebnissen der Studie kaum ein Gewinn an neuen Erkenntnissen gegenüber bereits veröffentlichten Studien.
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