Streik an Amazon-Versandzentren

Seit Montag haben an sechs deutschen Standorten die Amazon-Mitarbeiter ihre Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft Verdi erhöht damit den Druck im Streit um tarifvertragliche Bezahlungen.

Die Beschäftigten des Online-Händlers Amazon sind von der Gewerkschaft Ver.di zu mehrtägigen Streiks aufgerufen worden. An sechs Standorten sollen bis einschließlich dem 24. Dezember die Arbeiten niedergelegt werden, hat die Gewerkschaft mitgeteilt. Der Abschluss eines Tarifvertrages für gute und gesunde Arbeit ist neben der Anerkennung des Flächentarifvertrags der Einzel- und Versandhandels das Ziel des Streiks. Bestreikt werden zwei Standorte in Nordrhein-Westfalen, in Leipzig, Koblenz und Bad Hersfeld in Hessen.

Offenbar keine Auswirkungen für Kunden

Nach Angaben von Ver.di wird mit rund 1.700 Streikteilnehmern gerechnet. Etwa 500 Mitarbeiter waren es allein am frühen Morgen in Bad Hersfeld, wie eine Gewerkschaftssprecherin mitteilte. Wie auch in der Vergangenheit hieß es bei Amazon, dass es bei den Kunden nicht zu Einschränkungen komme und der Großteil der Mitarbeiter normal arbeite und sich um die Kundenbestellungen kümmere.

Verdi fordert tarifliche Bezahlung – gerade jetzt

Bereits seit 2013 dauert mittlerweile der Tarifkonflikt bei Amazon. Für die Mitarbeiter in den deutschen Amazon-Versandzentren fordert Ver.di tarifliche Regelungen ein. Diese lehnen sich an die im Einzel- und Versandhandel an. Von Amazon wird dies vehement abgelehnt, denn die Tätigkeiten werden nicht dem Einzelhandel, sondern der Logistik zugerechnet.

„Die Schließung des stationären Einzelhandels in der vergangenen Woche hat das Bestellaufkommen bei Versandhändlern wie Amazon noch einmal deutlich gesteigert. Während der Konzern seine Milliardengewinne weiter erhöht, verweigert er den Beschäftigten eine tarifvertragliche Bezahlung. Das sind Mindestbedingungen”, sagte Ver.di-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

In der aktuellen Krise verdiene sich Amazon „eine goldene Nase“. Die Mitarbeiter seien gerade in der Corona-Krise „einem noch größeren Druck ausgesetzt, weil Amazon trotz der zusätzlichen Arbeitshetze Lieferversprechungen macht”. Das gehe „unweigerlich auf Kosten der Gesundheit der Belegschaft, gerade jetzt unter den Bedingungen der Pandemie”.

Online-Boom bei Weihnachtsgeschenken

Die Debatte um negative Auswirkungen des Versandhandels wird durch den Online-Boom im diesjährigen Weihnachtsgeschäft weiter angeheizt. So brachte die am Wochenende ins Gespräch gebrachte Idee einer Paket-Abgabe zusätzliche Unruhe. Dabei sollten die Zahlungen für Sendungen aus dem Online-Handel dem stationären Handel zugutekommen.

Aber auch die Sorgen der Beschäftigten wachsen. Angst vor Corona-Ansteckungen, Stress und geringfügige Bezahlung rücken in den Fokus. Eine Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf die Anfrage der Linken im Bundestag zeigt, dass jede dritte Vollzeitstelle im Versandhandel zum Niedriglohn bezahlt wird.

Im Oktober/November kauften die Verbraucher in Deutschland für rund 17,4 Milliarden Euro online ein und damit rund 17,5 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Im Mittel verdienen die Beschäftigten im Versandhandel bei einer vollen Stelle im vergangenen Jahr rund 2663 brutto im Monat und damit 738 weniger als alle Branchen im Schnitt.

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Martin Beier