Der kleine Ludwig braucht dringend eine Operation. Doch die bekommt er nicht, weil Krankenkassen und Ärzte sich nicht einigen können.
In Deutschland gibt es einen Konflikt zwischen Ärzten und Krankenkassen, der ausgerechnet die Kindermedizin betrifft. Jungen und Mädchen sowie deren Eltern sind die Leidtragenden. Eine Reportage des Magazins „quer“ schildert den Fall von Ludwig. Der Dreijährige hört schlecht, hat Flüssigkeit hinter dem Trommelfell und vergrößerte Mandeln. Mit einer ambulanten OP könnten seine Probleme schnell gelöst werden – ein Routineeingriff. Doch Ludwig wartet bereits seit fünf Monaten auf einen Termin. Ludwigs Geschichte ist kein Einzelfall, sondern inzwischen die Regel in Deutschland. Experten bemängeln diese Entwicklung stark. Zwar sind Operationen wie die, die Ludwig braucht, meistens nicht überlebenswichtig, doch die Hörfähigkeit und Gesamtgesundheit kann die schulische und soziale Entwicklung von Kindern stark beeinflussen.
Kinderoperationen in Deutschland: Ein Konflikt zwischen Ärzten und Krankenkassen
Viele HNO-Ärzte führen ambulante Kinderoperationen wie Polypen-OPs nicht mehr durch, da sie für diese Eingriffe weniger Geld von den Krankenkassen erhalten. Bei den verbliebenen Ärzten für derartige Operationen sind die Wartelisten lang. So warten Dreijährige wie Ludwig teilweise bis zu sechs Monaten, bevor sie von ihren Schmerzen befreit werden.
Hintergrund: Seit 2023 werden ambulante OPs nur noch geringfügig von den Krankenkassen vergütet. Ein Beispiel: HNO-Ärzte erhalten für eine klassische Polypen-OP 137 Euro. Ärzte bemängeln, dass mit dieser Summe die Kosten für das OP-Personal, die nötigen Instrumente und den Bereitschaftsdienst danach nicht mehr abzudecken seien.
Kassenpatienten wurden dadurch zu unbeliebten Kunden, da sie ein Minusgeschäft für die Praxen bedeuten. Viele Ärzte nehmen sie nur noch im äußersten Notfall auf. Der Bundesverband der HNO-Ärzte rief sogar dazu auf, Kinderoperationen komplett auszusetzen und nicht wenige Arztpraxen haben die ambulanten Kinderoperationen nun komplett abgeschafft. „Uns blutet deswegen das Herz, nur es ist für uns schlichtweg nicht möglich. Wir können nicht defizitär arbeiten,“ erklärt HNO-Ärztin Elisabeth Kleinherne im Interview mit dem “BR”.
Krankenkassen und Politik widersprechen
Die Krankenkassen können die Kritik der Ärzte nicht nachvollziehen. Ihre Argumentation: Das Honorar der Ärzte sei an anderer Stelle deutlich höher, sodass sich die Rechnung am Ende ausgleiche. Gesundheitsminister Karl Lauterbach stellte sich auf die Seite der Krankenkassen: „Kinder leiden zu lassen, um höhere Honorare zu erpressen ist unethisch und inakzeptabel.“
Da im Moment keine Einigung zwischen Politik, Kassen und Ärzten in Sicht ist, müssen Eltern weiterhin mit Wartezeiten von bis zu über einem halben Jahr rechnen.
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Kommentare anzeigen
Ich kenne diese Entwicklung allzu gut.
Ich arbeite als Logopädin und bin immer wieder entsetzt.
Ich habe dieses Verhalten von Krankenkasse an eigenem Leib erfahren.
Das grenzt an Körperverletzung.