“US-Tschernobyl” – Tote Tiere und kranke Menschen nach Chemie-Zugunfall

Menschen klagen über Kopfschmerzen, brennende Augen und Hautausschläge. Ein verunfallter Chemiezug sorgt für ein Umweltdesaster, das auch nach zwei Wochen noch Nachwirkungen hat.

Zwei Wochen nach einem schweren Zugunfall im US-Staat Ohio ist die Lage angespannt. Anwohner vor Ort klagen über brennende Augen, Atembeschwerden, Hautirritationen und Kopfschmerzen. Außerdem werden tote Tiere gemeldet. Die Situation ist unübersichtlich.

Am 3. Februar entgleiste in East Palestine im US-Bundesstaat Ohio ein Zug der Eisenbahngesellschaft Norfolk Southern. Die Fracht des Zuges enthielt Vinylchlorid, eine Chemikalie, die mit Leberkrebs und anderen Krankheiten in Verbindung gebracht wird.

Die Verantwortlichen entschieden sich, die Stadt vorrübergehende zu evakuieren und die Chemikalie zu verbrennen, um eine Explosion zu verhindern. Dabei breitete sich über der Region eine riesige Rauchwolke aus, die möglicherweise für weitere Schäden verantwortlich ist. Das jedenfalls werfen Kläger der Eisenbahngesellschaft vor. Diese habe bei ihren „Räumungsarbeiten“ nicht das Wohl von Mensch und Umwelt, sondern die schnelle Wiederaufnahme des Fahrbetriebs priorisiert, so der Vorwurf, der vor Gericht gehen soll.

Der Konzern und Politiker weisen die Vorwürfe von sich. Man teste seither das Wasser und die Luft auf Schadstoffe. Dabei würden keine Belastungen mehr gefunden. Doch die Bewohner der 4.700-Einwohner-Stadt klagen über Vergiftungssymptome. Viele weigern sich, in ihre Häuser zurückzukehren.

Für die Menschen der Kleinstadt ist die Situation dramatisch. In Online-Kommentaren ist die Rede von einem „US-Tschernobyl“. Die Norfolk Southern “hat quasi eine Atombombe über der Stadt losgelassen” – so beschreibt ein Techniker vor Ort die Lage.

In einem aktuellen Video von James David Vance, der republikanische Senator für Ohio, ist zu sehen, wie dieser in einem Flussbett vor Ort mit einem Stock herumstochert. Das verwirbelte Wasser zeigt schillernde Verfärbungen, wie bei einer Benzinspur. Ähnliche Videos filmen Privatpersonen. „Man sieht die Chemikalien aufsteigen. Das ist ekelhaft!“, moniert Vance. Außerdem berichtet der Politiker über „tote Würmer und tote Fische im Wasser“. Norfolk Southern sei in der Verantwortung die Region sorgfältig zu säubern. Das dies noch nicht geschehen wäre, sei eine Respektlosigkeit gegenüber den Anwohnern.

“Unser Unternehmen wird jeden Tag unermüdlich daran arbeiten, East Palestine so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu bringen”, erklärte Norfolk Southern-CEO Alan Shaw in einer Stellungnahme: “Wir wissen, dass wir an unseren Taten gemessen werden, und wir nehmen diese Rechenschaftspflicht und Verantwortung sehr ernst.” Er besuchte die Stadt am gestrigen Samstag persönlich. Dass er sich dafür mehr als zwei Wochen Zeit ließ, wird nicht als vertrauenserweckend wahrgenommen.

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Alexander Grünstedt