Autozulieferer kommen schwerer an Bankkredite – Insolvenz-Gefahr

Die Finanzierungssituation von Autozulieferern in Deutschland hat sich deutlich verschlechtert. Das zeigt eine Umfrage der Beratung Oliver Wyman und des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) unter 74 Zulieferern, die die “Welt am Sonntag” veröffentlichen wird.

Zwei Drittel der Unternehmen gaben darin an, dass es für sie in den vergangenen drei Jahren schwerer geworden sei, an Bankfinanzierungen zu kommen. Neben höheren Zinsen verlangten die Banken umfangreichere Sicherheiten, restriktivere Vertragsbedingungen und kürzere Laufzeiten. Laut Umfrage gehen 74 Prozent der Zulieferer zudem davon aus, dass ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, gute Unternehmensführung) in den kommenden zwei Jahren einen größeren Einfluss auf die Kreditvergabe haben werden.

Der Anstieg der Finanzierungskosten treffe die Unternehmen zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt, weil die Transformation der Branche den Kapitalbedarf massiv erhöhe, sagte Maximilian Majic, Partner bei Oliver Wyman. “Es droht eine Zunahme der Insolvenzen im ohnehin krisengeschüttelten Automotive-Sektor.” Die mittlere Rendite (Median) der Zulieferer sank im Jahr 2022 auf 2,9 Prozent – “nur noch knapp über den historisch niedrigen Margen des Corona-Jahres 2020 von 2,5 Prozent”, so Wyman.

Ausgewertet wurden dafür die Bilanzen von 55 Unternehmen. Aus Sicht der Banken liegt das Problem bei den gestiegenen Kosten, der volatilen Nachfrage und den höheren Risiken durch die Transformation. “Die Banken würden gerne mehr Kredite vergeben. Die Konditionen spiegeln das höhere Risiko und das geänderte Zinsumfeld wider”, sagte Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands. ESG-Kriterien dienten “als Maßstab für die nachhaltige und damit zukunftsfähige Ausrichtung der Geschäftsmodelle”.

Für die Studie befragten Oliver Wyman und VDA auch elf Kreditinstitute: 45 Prozent definierten für den Autosektor Klimaziele, weitere könnten folgen. 67 Prozent der Banken halten die CO2-Reduktion für das wichtigste ESG-Ziel. “Entscheidend ist aber auch, dass Transformationsrisiken nicht ausschließlich über den Bankkredit finanziert werden können”, sagt Herkenhoff. In Deutschland und Europa müsste mehr privates Kapital mobilisiert werden, etwa durch eine Stärkung des Verbriefungsmarktes. Der VDA fordert mehr Unterstützung vonseiten der EU. Diese müsse “ihre Regulierungsdichte kritisch überprüfen”, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die mittelständischen Automobilzulieferer brauchten eine Transformationsbegleitung. In einem noch unveröffentlichten Papier fordert der VDA zusätzlich weitere Kriterien bei der Kreditvergabe und eine Berücksichtigung von Vorfinanzierungen von Aufträgen solventer Großkunden.

dts Nachrichtenagentur

Foto: Autoproduktion (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

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